Eine qualitativ hochwertige Patientenversorgung ist heutzutage ohne die Unterstützung durch die Informatik kaum noch vorstellbar. Ob bei der Bereitstellung und Speicherung von Patientendaten und medizinischem Wissen, der Simulation biologischer Prozesse, der Biosignal- und Bildverarbeitung oder der statistischen Auswertung klinischer Studien, Computer spielen in der modernen Medizin eine wichtige Rolle.
Wichtige Schwerpunkte der Medizinischen Informatik sind:
Management von Krankenhausinformationssystemen

Krankenhausinformationssysteme (KIS) setzen sich aus einer Vielzahl rechnerbasierter und konventioneller Anwendungssysteme zusammen, die beispielsweise der Dokumentation medizinischer Daten, der Unterstützung von Diagnostik und Therapie oder der Verwaltung von Patientenstammdaten dienen. Das Management von KIS beschäftigt sich mit der Planung und Weiterentwicklung von KIS und überwacht dessen Betrieb. Dabei stehen nicht nur die Anwendungs- und Rechnersysteme im Vordergrund, sondern es muss auch sichergestellt werden, dass alle Aufgaben eines Krankenhauses mit Hilfe entsprechender Werkzeuge erledigt werden können und dass die benötigten Informationen den berechtigten Personen vollständig, zum richtigen Zeitpunkt, am richtigen Ort und in der richtigen Form zur Verfügung gestellt werden.
Modellierung biologischer Systeme

Dieses Gebiet beschäftigt sich mit den Techniken der mathematischen Modellierung und Computersimulation biologischer Systeme. Ein Hauptziel hierbei besteht in der Untersuchung physiologische Körperfunktionen und pathologische Vorgänge um beispielsweise individuelle Krankheitsverläufe oder die Reaktion des Körpers auf die Gabe von Medikamenten vorherzusagen. Ein weiteres Ziel theoretischer Modellbildung ist Erarbeitung und Validierung neuer biologischer Konzepte. Die Modellierung bildet somit eine Brücke zwischen experimenteller Biologie / klinisch angewandter Medizin auf der einen und mathematischer Theoriebildung / Methoden der Computersimulation auf der anderen Seite.
Biosignal- und Bildverarbeitung

Die Signal- und Bildverarbeitung bildet in der Medizin die Grundlage für viele diagnostische Verfahren, wie z. B. EKG, EEG, CT oder MRT. Die medizinische Signalverarbeitung beschäftigt sich mit Algorithmen und Verfahren, die der Detektion, Auswertung und Repräsentation von vom menschlichen Körper abgeleiteten Signalen dienen. Die Aufbereitung, Auswertung und Kommunikation digitaler Bilder ist Ziel der Bildverarbeitung.
Wissensbasierte Entscheidungsunterstützung

Ärztliche Entscheidungen werden aufgrund von patientenbezogenen Informationen und medizinischem Wissen getroffen. Der große Umfang dieses Wissens, die oft hohe Arbeitsbelastung, Zeitdruck und unvollständig vorliegende Ausgangsinformationen erschweren dies. Um die Ärztinnen und Ärzte bei den täglich zu treffenden medizinischen Entscheidungen zu unterstützen, können wissensbasierte Systeme zum Einsatz kommen. Bei der Entwicklung solcher Systeme werden sowohl statistische und wahrscheinlichkeitstheoretische Ansätze verfolgt als auch Methoden der künstlichen Intelligenz.
Medizinische Dokumentation

Die medizinische Dokumentation beschäftigt sich mit der Erfassung, Erschließung, Speicherung, Ordnung und Wiedergewinnung von medizinischen Informationen. Dabei werden nicht nur Informationen zum Krankheitsverlauf des Patienten dokumentiert, die für die Patientenversorgung, das Qualitätsmanagement, Lehre und Forschung eine Rolle spielen, sondern es werden auch administrative Daten erhoben, die die Abrechnung und das Controlling unterstützen. Auch rechtliche Aspekte müssen bei der Dokumentation beachtet werden, so sind bestimmte Dokumentationsaufgaben durch den Gesetzgeber vorgeschrieben und für rechtliche Auseinandersetzungen müssen Dokumentation und Dokumentationssystem bestimmte Qualitätskriterien erfüllen.
Lehr- und Lernsysteme in der Medizin

Seit einigen Jahren werden im Bereich Medizin verstärkt computerunterstützte Lehr- und Lernsysteme entwickelt. Durch die multimediale Aufbereitung von Lernmaterialien soll die Aus- und Fortbildung von medizinischem Personal unterstützt werden. An der Charité können Studenten beispielsweise die Visite über ihre Notebooks verfolgen und dabei auch Fragen stellen und beantworten und an der Universität Witten-Herdecke werden die angehenden Mediziner an virtuellen Patienten geprüft.
Neuronale und kognitive Modellierung

Die Erforschung natürlicher kognitiver Systeme und die Anwendung der gewonnenen Erkenntnisse bei der Konstruktion künstlicher, zu "intelligenten" Leistungen befähigter Systeme charakterisiert die Zielstellung der Kognitionswissenschaft. Innerhalb der Kognitionswissenschaft lassen sich verschiedene Paradigmen unterscheiden: Kognitivismus (Symbolverarbeitung), Neuroinformatik (Konnektionismus bzw. Komputationale Neurowissenschaft) und Interaktionismus (Situierte Kognition, Kognitive Robotik). Formalisierung und Modellbildung sind Kennzeichen der kognitiven Methodologie. Während sich die Neuronale Modellierung mit Modellen zur Informationsverarbeitung im Gehirn befasst, zielt die Kognitive Modellierung darauf, kognitive Prozesse wie Wahrnehmen, Problemlösen, Sprechen etc. mit Hilfe ablauffähiger Modelle zu modellieren, gewöhnlich ohne Bezug auf die zu Grunde liegenden Gehirnprozesse.
Biometrie

Evidenz in der medizinischen Forschung beruht auf klinischen Daten. Medizinische Daten können jedoch in zweifacher Weise irreführen, wenn sie nämlich systematisch verzerrt sind oder (besonders bei kleinen Fallzahlen) Zufallsbefunde zeigen, die sich anschließend nicht reproduzieren lassen. Die medizinische Biometrie kontrolliert Zufallsbefunde durch angewandte Verfahren der mathematischen Statistik, diagnostiziert Verzerrungsquellen und wirkt diesen durch geeignete Studiendesigns und Methoden zur Planung, Durchführung und Qualitätskontrolle klinischer Studien entgegen.
Ontologische Grundlagen der Wissenspräsentation

Die Forschung auf dem Gebiet der Ontologie gewinnt zunehmend an Bedeutung für die Wissensmodellierung, für die semantische Fundierung der Wissensrepräsentation und für die Entwicklung von Metamodellen im Bereich der praktischen Anwendungen. Für die Grundlegung dieses modernen Forschungsgebiets ist es von Bedeutung, die gemeinsamen wissenschaftlichen Prinzipien und Methoden herauszuarbeiten, die sich aus den gegenwärtigen Werkzeugen, Methodologien und den Anwendungen ergeben. Von besonderem Interesse sind Fragestellungen und Probleme der Konzeptualisierung von Wissen, der Wissensrepräsentation, der Verallgemeinerung und Vertiefung der axiomatisch-deduktiven Methode, der deskriptiven Metaphysik, der Semantik der natürlichen Sprache und der praktischen Anwendungen im Bereich der Medizin.
Einen schönen Einblick in das Verständnis der Medizinischen Informatik kann man auch hier gewinnen: Information is Care.
Quellen:
- Lehmann T, Meyer zu Bexten E (2003): Handbuch der Medizinischen Informatik. München: Carl Hanser Verlag.
- Bundesverband Medizinischer Informatiker e.V.: Informationen zur Medizinischen Informatik und zum Verband. http://www.bvmi.de/texte/image_broschuere.pdf (Stand: 20.04.2004)